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Experten-Kommission debatiert: Warum sollte die Eizellspende in Deutschland zugelassen werden? Ein Interview mit Dr. Yvonne Frankfurth

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Experten-Kommission zur Eizellspende, Interview mit Dr. Yvonne Frankfurth, Studie zur Eizellspende in Deutschland

Dr. Yvonne Frankfurth hat eine mehrjährige Studie durchgeführt und die Erfahrungen von deutschen Paaren und Familien nach Eizellspende beleuchtet. Hier ist ein Interview mit ihr zu ihren Erkenntnissen. Für Webinare, Interview und ein persönliches Beratungsgespräch für betroffene Paare und Familien ist Dr. Frankfurth neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit an der University of Cambridge auch verfügbar.

Die wichtigste Frage zuerst, „Warum sollte die Eizellspende in Deutschland zugelassen werden?“

Es ist beklagenswert, dass in Deutschland die Eizellspende immer noch nicht zugelassen ist. Es ist vor allem eine Zumutung für alle Familien, die bereits Kinder mittels gespendeten Eizellen bekommen haben. Denn das Verbot impliziert ja, dass es diese Kinder nicht hätte geben sollen. Ferner fehlt ihnen jederlei Unterstützung bei der Aufklärung ihrer Kinder, die oft mit anonym gespendeten Eizellen gezeugt wurden. Somit fehlt den Kindern das in Deutschland vorherrschende Recht auf Wissen um ihre Abstammung. Zuletzt sollte die Eizellspende legalisiert werden, damit Ärzte und anderes Fachpersonal offen über die Option Eizellspende beraten dürfen — denn selbst das ist verboten und so kam es schon oft zu Strafverfahren mit Ärzt:innen und Sozialpädagog:innen in Deutschland.

„Welche Form der Eizellspende könnten Sie sich in Deutschland vorstellen?“

Die Eizellspende in Deutschland muss offen gestaltet werden, wichtig ist dabei, wie das gemacht wird. Erst einmal müssen Unterstützung und Ressourcen für die Familie bei der Aufklärung angeboten werden. Ferner sollte der Prozess der Kontaktaufnahme idealerweise begleitet werden. England ist hier ein gutes Beispiel. Es gibt ein zentrales Register, die HFEA, wo die Informationen verwaltet werden (der Standard ist, dass die Kinderwunschkliniken diese selbst verwalten). Falls der Wunsch nach Kontaktaufnahme aufkommt, müssen sowohl Spender:innen und Erwachsene nach EZS ein obligatorisches psychologisches Gespräch mit einer Fachperson durchführen, bevor sie sich kennenlernen dürfen — dies dient dazu, jeweils die Erwartungen, Wünsche und Hoffnungen im Vornherein zu besprechen und zu “managen”, damit beide Parteien die Perspektive des jeweils Anderen nachvollziehen können. 

„Warum spenden Frauen ihre Eizellen?“

An erster Stelle steht immer der Wunsch, einer anderen Frau etwas Gutes tun zu wollen. Vielen ist ja bewusst, dass der Wunsch nach einem Kind, nach einer eigenen Familie, für viele Menschen ganz oben auf der Liste der Herzenswünsche im Leben steht. Meiner Meinung nach ist es auch nicht verwerflich, dass es für die Spende eine Entschädigung gibt. Man kann gleichzeitig den Wunsch haben, zu helfen, und trotzdem für den Aufwand entschädigt werden wollen. Es wird oft unterschätzt, dass die Enschädigungssummen gerade bei arbeitenden Frauen in Europa noch nicht einmal den Arbeitsausfall und Anfahrtskosten für die vielen Klinikbesuche ausgleichen.

Nicht vernachlässigen darf man aber natürlich die Aufklärung der Spenderinnen, sie muss sich über alle Aspekte der Spende bewusst sein, inklusive des (sehr geringen) Gesundheitsrisikos.

Welche Art der Bezahlung erhalten Spenderinnen? Wie viel bekommt eine Eizellspenderin in Tschechien, in Spanien, wie viel bekommt Sie in Ländern wie Kanada oder den USA?

Die Preise gestalten sich verschieden in verschiedenen Ländern. In Spanien und Dänemark gibt es ca. 1100 EUR für eine Spende, in Tschechien ca 800 EUR, in England 750 Pfund (ca 850 EUR). In Österreich darf der Spenderin keine Entschädigung geboten werden. Zu der besonderen Regelung der Eizellspende in Österreich gibt es hier ein Interview mit mir bei der ARD.

In Kanada ist eine Entschädigung illegal, es muss umsonst gemacht werden. In den USA sind 8000 USD für eine erste Spende normal, bis zu 10,000 USD für weitere Spenden — aber tatsächlich kommt es vereinzelt auch zu höheren Summen. Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Grenze, nur eine Empfehlung, die besagt, es sollten nicht mehr als 10.000 USD gezahlt werden.

Ist die (mangelnde) Bezahlung ein Grund dafür, dass es noch zu wenig Spenderinnen gibt?

Sicherlich ist die geringe Entschädigung ein Grund dafür, dass es wenig Spenderinnen gibt. Es kommt hinzu, dass es in den meisten europäischen Ländern noch an Verständnis und Wissen mangelt, was die Eizellspende angeht. Viele verwechseln die Eizellspende mit der Leihmutterschaft, und wissen auch nicht, warum man diese Form der Familienbildung wählt. Ferner ist es nie eine leichte Entscheidung für Wunscheltern, gespendete Eizellen in Anspruch zu nehmen. Nicht selten brauchen Paare viele Jahre, um sich mit dem Gedanken anzufreunden, ein Kind mit gespendeten Eizellen zu zeugen. Der Wunsch nach dem eigenen genetischen Kind ist groß und schwer abzulegen. Das Bild der genetisch verwandten Familie wird auch in der Schule immer noch so unterrichtet, dass nicht immer auch alternative Arten der Familie aufgezeigt werden. In anderen Ländern wie Finnland ist man da schon weiter — und siehe da, hier ist auch eine besonders hohe Spendebereitschaft unter Frauen vorhanden, vor allem solchen, die bereits selbst Kinder haben.

    Es wird häufig vor einer Kommerzialisierung der Spende gewarnt. Aber der Vorgang ist ja auch belastend für die Frau und sollte angemessen entschädigt werden. Was wäre Ihr Vorschlag?

    Ein angemessene Entschädigung ist absolut notwendig. Wenn keine Entschädigung erlaubt ist, wird es so gut wie keine Spenderinnen geben. Das beobachten wir in Österreich, wo eine Kompensation nicht erlaubt ist. Als Konsequenz werden die Eizellen aus Ländern wie Tschechien importiert.

    „In Ihrem Interview mit ARD Plusminus erwähnen Sie die Variante „Egg Sharing“ als Variante, um Frauen zum Spenden zu animieren. Spenderinnen dürfen im Gegenzug ihre eigenen Eizellen kostenlos einfrieren. Das heißt also, Social Freezing als Motivation für junge Frauen, die sich eine spätere Mutterschaft sichern möchten, aber vor den Kosten zurückschrecken? Was halten Sie von diesem Ansatz?

    Es gibt zwei Formen des Egg Sharings. Verbreiteter ist das Egg Sharing bei Paaren, die eine IVF an einem Kinderwunschzentrum durchführen und eine sehr hohe Anzahl an Eizellen gewinnen — mehr als sie selbst brauchen. Sie werden dann manchmal gefragt, ob sie bereit wären, ein paar diese Eizellen zu spenden — im Gegenzug für einen Rabatt auf ihre IVF-Behandlung. Weniger verbreitet ist das Egg Sharing, bei dem Frauen unter 35 im Gegenzug die Hälfte der gewonnen Eizellen für sich behalten können. Meiner Meinung nach sind beide Formen aber eine schöne Art der Spende, denn so können sich zwei Frauen gegenseitig beim Kinderwunsch helfen. 

    Nach den vielen Gesprächen mit den Paaren, die Sie geführt haben: Wie groß ist der Leidensdruck der Menschen aufgrund des Verbots von Eizellspenden in Deutschland?

    Besonders groß ist der Leidensdruck bei Frauen mit Kinderwunsch, die ohne gespendeten Eizellen keine Kinder bekommen können. So gibt es zum Beispiel Frauen Mitte 20, denen die Diagnose verfrühte Wechseljahre gestellt wird. Ist es richtig, dass wir diesen Frauen verwehren, in ihrem eigenen Land eine Kinderwunschbehandlung mit gespendeten Eizellen in Anspruch zu nehmen? Stattdessen müssen sie ohne Hilfe und Beratung im Internet nach ausländischen Kliniken suchen. 

    „Vielen Dank für das Gespräch!“

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